In diesem Artikel wollen wir euch das Thema Tiering näherbringen. Grundsätzlich fällt dieses Thema in den Bereich des Active Directory Hardenings. Allerdings besteht die Einführung dieses Modells nicht nur aus der technischen Umsetzung. Viel wichtiger ist es, den Administratoren der Systeme, den richtig Umgang mit der neuen Struktur aufzuzeigen und diese zu verinnerlichen.
Aber erstmal zurück zum Anfang. Die erste Frage, die sich viele stellen ist:
Was ist überhaupt ein Tiering Modell?
Das Tiering oder auch ESAE (Enhanced Security Admin Environment) wird genutzt, um die administrative Architektur einer Domäne abzusichern. Durch eine Trennung der administrativen Konten und den Systemen in unterschiedliche „Schutzbereiche“, können Angriffe auf die interne Struktur reduziert bzw. deutlich erschwert werden.
Man trennt die vorhandene Struktur in drei Tiering Zonen sowie einen Benutzerbereich auf.
Jedes dieser Tiers bekommt eigene Administratoren. Wie auf dem Bild zu sehen, bekommt der jeweilige Admin nur Zugriff auf den ihm zugeteilten Bereich. Ein Zugriff auf eines der anderen Tiers ist nicht erlaubt.
Wie bereits oben erwähnt, handelt es sich bei den Tiering Benutzern um rein administrative Konten. Mit den Benutzern darf also nicht im normalen Tagesgeschäft gearbeitet werden. Sie sind rein für administrative Tätigkeiten gedacht.
Gearbeitet werden sollte mit diesen Benutzern über eine sogenannte PAW (Priviliged Access Workstation). Eine genauere Erklärung dazu gibt es in einem bald folgenden Blog-Artikel zum Thema PAW.
Da wir nun schon einmal grob erklärt haben, um was es sich beim Tiering Modell handelt, stellt sich nun natürlich direkt die nächste Frage.
Warum benötige ich ein Tiering Modell?
Nun, auf diese Frage gibt es eigentlich eine sehr einfache Antwort:
MEHR SICHERHEIT!
Grade die letzten Jahre haben gezeigt, dass kein Unternehmen vor Cyberangriffen sicher ist. Ich denke, jeder hat schon von mindestens einer Firma gehört, die Opfer einer Cyberattacke war. Sei es Verschlüsselungen, Datendiebstahl oder eine der anderen Attacken.
Wir müssen also versuchen, die eigene Infrastruktur so sicher wie möglich bzw. es dem Angreifer so schwer wie möglich zu machen, die Infrastruktur zu „infiltrieren“. Durch die Trennung in die drei Sicherheitsbereiche wollen wir eine komplette Kompromittierung der Domäne verhindern. Bei einem sauber eingerichteten und von den Mitarbeitern korrekt genutzten Tiering Modell, kann ein Angriff deutlich eingegrenzt werden. Denn selbst wenn ein Angreifer an ein administratives Kennwort gelangen könnte, hat er dadurch nicht die Möglichkeit sich in dem nächsthöheren Tier zu bewegen.
Erklären wir das mal an einem Beispiel:
Ohne Tiering:
Benutzer A hat sich auf seinem Client einen Trojaner oder ähnliches eingefangen. Er meldet sich beim IT-Support. Dieser schaltet sich nun mit seinem Administrator auf diesem Client auf. Da der Angreifer den Client des Benutzers bereits kompromittiert hat, ist es für ihn nun ein Leichtes an die Anmeldedaten des aufgeschalteten Admin-Benutzers zu gelangen, da diese als Hash-Wert auf dem Client gespeichert werden.
Mit den abgegriffenen Anmeldedaten des Support-Mitarbeiters (meistens ebenfalls Domänen-Administrator) hat der Angreifer nun die Möglichkeit, tiefer ins System vorzudringen und im schlimmsten Fall bis zu einem Domänencontroller zu gelangen. Sollte er Zugriff auf diesen erhalten, kann er sich nun frei in der Domäne bewegen, ohne dass es jemand mitkriegen würde.
Somit wäre die komplette Domäne kompromittiert und müsste im schlimmsten Fall komplett neu aufgesetzt werden. Auch eine komplette Verschlüsselung aller Systeme ist dadurch möglich, da der Angreifer kompletten Zugriff auf sämtliche Ressourcen hätte.
Mit eingerichtetem Tiering:
Im gleichen Szenario wie oben beschrieben hätte der Angreifer keine Chance weiter in die Domäne vorzudringen. Sollte sich im gleichen Beispiel ein Support Mitarbeiter mit seinen eigens für die Client- Administration (z.B. T2-Mustermann) angelegten Benutzer anmelden und der Angreifer ebenfalls die Anmeldedaten abgreifen, kann er sich maximal auf Clientebene bewegen. Er hat aber durch die Trennung in die unterschiedlichen Tiering Bereiche, keine Möglichkeiten, sich auf Anwendungs-server oder im schlimmsten Falle, Domänencontroller fortzubewegen.
Wie gehe ich vor, wenn ich ein Tiering einführen möchte?
Hier gibt es keine einfache Antwort. Grundsätzlich kann ein Tiering Modell von jedem in Betrieb genommen werden. Es müssen die benötigten Active Directory Anpassungen durchgeführt werden, die zugehörigen Benutzer erstellt und per Gruppenrichtlinien die nötigen Einschränkungen ausgerollt werden.
Beispiel einer einfache Tiering OU Struktur:
Das Wichtigste bei der Inbetriebnahme eines solchen Modells ist es aber, die zukünftigen Nutzer des Tiering Modells in die neue Arbeitsweise einzuarbeiten und den Nutzen zu verdeutlichen. Denn nur wenn sich sämtliche Mitarbeiter mit administrativen Konten an die neuen Regeln halten, kann man die Sicherheit der eigenen Infrastruktur erhöht werden.
Auch sollten vorher sämtliche Zugriffe auf die Systeme geklärt werden, denn es sollten auch die diejenigen einen T0 Administrator bekommen, die wirklich Zugriff auf T0 Systeme benötigen. Bei den administrativen Benutzern gilt:
So wenig wie möglich, so viel wie nötig.
Um die Nutzer zu erstellen und zu wissen, worauf sie Zugriff benötigen, gibt es natürlich eine weitere Hürde. Welches System gehört in welches Tier? Hierfür haben wir ein grobes Entscheidung-Diagramm erstellt.
Fazit
Ich hoffe, wir konnten euch ein wenig für das Thema Tiering sensibilisieren. Grundsätzlich kann man durch die Einführung eines neuen administrativen Konzeptes die Sicherheit im eigenen Unternehmen deutlich erhöhen. Jedoch darf man nie vergessen, dass sämtliche Änderungen nur dann funktionieren können, wenn die Mitarbeitenden das Konzept unterstützen und mittragen.
Bevor sich jemand dazu entscheidet, ein Tiering bei sich einzuführen, besprecht es bitte mit allen Administratoren und klärt, ob sie dafür bereit sind die Idee mit umzusetzen. Denn das beste Konzept hilft nichts, wenn es Benutzer gibt, die es umgehen bzw. boykottieren.
Die Erfahrung zeigt aber, dass nach einer sachlichen Einweisung der IT-Mitarbeiter und der Beantwortung aller Fragen, kaum noch „Gegenwind“ herrscht.